Ich habe lange auf den neuen Hitman gewartet. Auf der gamescom konnte ich erstmals einen längeren Blick auf das Spiel werfen und ich war begeistert. Gezeigt wurde Paris, die Modenschau und die ganzen Möglichkeiten, einen Gegner um die Ecke zu bringen. Und ich kann mich noch daran erinnern, dass mich eine Frage beschäftigte. Wie oft stand ich schon vor der Problematik, dass ich mir einen tollen Plan – von der Ziel-Exekution bis zur Flucht – zurechtlegte und dann am Ende doof da stand, weil ich nicht das machen konnte, was ich wollte. Dead End. „Keine Sorge“, sagte mir damals der Entwickler. „So etwas wird es nicht geben“….ich habe ihm vertraut und dennoch stand ich in der ersten Übungsmission mit einem bewusstlosen Gast vor mir auf dem Boden liegend, in einer Toilette und sah meinen anfangs so schön durchdachten Plan im Klo hinuntergespült. Aber der Reihe nach.
Grundsätzlich mag ich die Hitman-Marke. Der Charakter hat so viel Potenzial, welchen immer noch ausgeschöpft werden kann und die Inszenierung von Agent 47 ist und bleibt für mich immer noch eine der coolsten Darstellungen überhaupt. Hinzu kommt noch das Spielkonzept – es ist für mich genau richtig. Eine tolle Mischung aus Stealth und Action, wer nicht alles im Verborgenen machen möchte, kann auch die Brechstange auspacken. So ist es auch im neuen Hitman. Das kommt mir heute immer noch sehr entgegen, denn ich war noch nie großer Fan des Stealth-Genres, aber in Hitman komme ich mir vor wie die ausgebuffteste Agentin. Als ich die erste Vorführung auf der gamescom 2015 sah, war das Spiel noch als Vollpreistitel zu betrachten. Die Idee der Serie und Episodenform war mir anfangs sehr suspekt. Es wirkte so, als hätte bei Square Enix eines Morgens im Büro jeamd gerufen: „Leute, dieses Episoden-Ding läuft total gut. Life is Strange war ja Bombe und da gibt es so ein Studio mit „T“, die haben darauf ihre Firma aufgebaut. Leute, wir machen auch Hitman nun auch ein Episoden-Titel“. Und wie das nun mal so ist, so wirklich widersprechen möchte dem Chef halt keiner. Also wurde sich kurz angeschaut und innerlich fluchend vermutlich in den Meetingraum gesetzt, um irgendwie das Spiel episodentauglich zu machen. Meine anfängliche Befangenheit dieser Idee gegenüber wich jedoch nach dem ersten Anspielen. Die Entwickler haben es wirklich geschafft, die Episoden-Idee einigermaßen logisch in das Spiel storytechnisch einzubinden. Der Hitman wird reaktiviert und seine neuen Auftraggeber kontaktieren ihn, sobald was los ist. Das Spielmenü ist dabei so etwas wie eure Schaltzentrale, in der die Aufträge reinflattern. Gebraucht hätte es das zwar nicht, aber zumindest kann ich mit dieser Lösung leben.
Und ich bin wirklich begeistert von den tollen Zwischensequenzen. Tolle Regie, coole Sprecher und grafisch echt schick. Die erste Mission ist nur eine Übung, um mit der Stuerung gut Freund zu werden. Aber selbst im Tutorial bekommt ihr schon unheimlich viele Möglichkeiten euer Ziel zu Eleminieren und Hitman macht den Weg zum Ziel zu einer Kunst für sich. Wie ihr zu eurer Zielperson gelangt ist dabei ebenso variable angehbar, wie die Eleminierungsmöglichkeiten. Das Tutorial ist eigentlich keine große Hürde, aber leider wäre ich fast beim ersten Mal schon erwischt worden und warum? Weil das Spiel mir meinen Fluchtplan versaut hat! Wer das Spiel schon kennt, weiß vielleicht, wovon ich schreibe. Agent 47 muss eine Mission auf einer Yacht, die noch an Land ist, ausführen. Kein Problem, ich sehe meine Zielperson und laufe mal so rum. Versehentlich gehe ich in einen Raum, der sich als Toilette herausstellt. Darin steht ein Mann, ein Gast, der natürlich nicht happy ist, dass ich da auf einmal stehe, also gehe ich wieder raus, merke mir das aber, denn der Typ verlässt die Toilette nicht, warum auch immer. Ich erledige meinen Job, kann aber nicht zum normalen Eingang raus, weil ich zu diesem Zeitpunkt gerade die Kleidung eines Crew-Mitgliedes trage. Der Kapitän, der unten am Pier steht, würde mich erkennen, der kennt eben seine Leute. Also denke ich wieder an den Typen auf dem Klo. Ich renne zu ihm und hau ihn k.o. denn der Plan ist, als normalen Passagier, die Yacht zur Vordertür zu verlassen. Aber leider lässt das Spiel mich nicht seine Klamotten tragen. Und so stehe ich also im Klo und denke mir, warum macht ihr Entwickler so eine offensichtliche Szene, wenn ich den Typen nicht für meine Zwecke nutzen kann? Wenn es so schon losgeht, dachte ich mir, aber glücklicherweise war es nicht so. Der Rest des Spiels und somit auch die erste richtige Mission in Paris waren wirklich cool und meine Pläne funktionierten von da an wirklich alle. Eine bombastische Inszenierung, auch wenn der Übergang von Cutscenes zu Gameplay in Hitman nicht immer so weich funktioniert wie es z.B. in The Order der Fall ist, war ich von den imposanten Settings wirklich begeistert. Die vielen Möglichkeiten zum Ziel zu gelangen wirken zwar manchmal etwas erschlagend, aber auf der anderen Seite kann das für andere Spieler zur Herausforderung werden. Leider vergisst Square Enix allerdings die Story im ersten Teil so interessant zu machen, dass man Lust auf den zweiten Teil hat. Und das ist bei Episodenspielen wichtig. Ein Spannungsbogen ist kaum vorhanden, weshalb das Spiel stark auf die Missionen und den Spielablauf als solches reduziert wird. Schade, denn das hätte Hitman wirklich viel gegeben. Jetzt ist es eher ein Hitman, dem die Story etwas fehlt. Spielerisch und grafisch kann man dem Spiel aber keinen Vorwurf machen. Ich hoffe, dass sich das Storytelling noch etwas intensiviert, sonst könnte es selbst für mich als Hitman-Fan zu dünn sein.